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Negative Zinsen auf Sparkonten
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Gericht entscheidet über Strafzinsen für Sparkunden

München, 08.12.2017 | 16:10 | rkr

Dürfen Banken die Zinsen auf Sparkonten unter null drücken? Darüber wird seit heute am Landgericht Tübingen verhandelt. Die Richter haben bereits eine erste Stellungnahme abgegeben. Was Bankkunden erwarten können und welche Fragen noch zu klären sind.

Strafzinsen
An der Volksbank Reutlingen könnte sich die Zukunft von Strafzinsen in Deutschland entscheiden.
Man stelle sich folgende Szene vor: Im Café verlangt ein Gast seine Rechnung. Genau 10 Euro möchte die Bedienung von ihm. Der Gast gibt ihr 9,50 Euro. Nach den restlichen 50 Cent gefragt, antwortet der Gast, dass es schwere Zeiten seien – daher könne er leider nur negatives Trinkgeld geben. Ähnlich wie die Bedienung in dieser Geschichte dürften sich auch manche Bankkunden fühlen, deren Geldinstitute jetzt negative Zinsen auf das Ersparte veranschlagen. Bislang sind zwar meist nur sehr wohlhabende Kunden oder etwa Unternehmen betroffen. Doch zuletzt haben mehrere Geldhäuser auch schon für kleinere Sparbeträge Minuszinsen angekündigt, darunter die Volksbank Reutlingen. Verbraucherschützer nahmen diese Entwicklung zum Anlass, die Frage nach der Zulässigkeit von Negativzinsen vor Gericht zu klären. Darum geht es bei der Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Volksbank, bei der das Verfahren am Landgericht Tübingen heute eröffnet wurde.

Wie beim negativen Trinkgeld, so fehlt auch beim negativen Zins schlichtweg die rechtliche Grundlage, so sieht es die Verbraucherzentrale. Nur Kreditnehmer könnten dazu verpflichtet werden, Zinsen zu zahlen, nicht aber Anleger. Mit der Klage sollte entsprechend geprüft werden, „ob Negativzinsen für Geldanlagen über Allgemeine Geschäftsbedingungen wirksam eingeführt werden können", so Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale im Vorfeld des Verfahrens.

Die Volksbank beruft sich hingegen auf den variablen Zinssatz, den Bankkunden mit ihrem Vertragsabschluss akzeptieren. Die Richter haben in ihrer ersten Stellungnahme jetzt darauf hingewiesen, dass sie es für wichtig halten, ob und wann Kunden von ihrer Bank auf Kosten durch negative Zinsen hingewiesen würden. Deshalb muss bei der Fragestellung womöglich zwischen neuen und alten Verträgen unterschieden werden, um die Frage der Zulässigkeit zu klären.

Wann fällt die Entscheidung?

Endgültig geklärt ist die Frage damit noch lange nicht. Die Stellungnahme der Richter sei zunächst nur als "vorläufige Rechtsauffassung" zu verstehen, wie ein Sprecher des Landgerichts gegenüber unserer Redaktion zu verstehen gab. Die offizielle Urteilsverkündung ist erst für den 26. Januar 2018 angesetzt. Wie die Frankfurter Allgemeine in ihrer Online-Ausgabe heute berichtet, haben die Richter zudem bereits auf den Bundesgerichtshof als mögliche Instanz verwiesen, um die Frage endgültig zu klären.

Dazu kommt: Negative Zinsen auf dem Girokonto könnten noch aus einem anderen Grund unzulässig sein, nämlich weil sie eine sogenannte doppelte Bepreisung darstellen. Schließlich fallen beim Girokonto oft bereits Kontoführungsgebühren an. Diese Auffassung vertritt jedenfalls die Verbraucherzentrale Sachsen, die vor diesem Hintergrund ebenfalls gegen die Volksbank Reutlingen klagt. Hierbei handelt es sich aber um ein separates Verfahren, das vor dem gleichen Gericht noch zu entscheiden sein wird.

Die Volksbank Reutlingen hatte in ihrem Preisaushang negative Zinsen sowohl bei ihrem Girokonto als auch auf dem Tagesgeldkonto angekündigt. Mittlerweile wurden die Passagen auf öffentlichen Druck hin zwar wieder gestrichen. Eine von Verbraucherschützern geforderte Unterlassungserklärung wollte die Bank aber nicht abgeben. Damit hätte sie negative Zinsen ein für alle Mal ausgeschlossen. Das haben die beiden Verbraucherzentralen zum Anlass genommen, Klage einzureichen und ihre jeweiligen Bedenken auf gerichtlichem Wege klären zu lassen.

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