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Umfrage des ZEW
Mit dem Negativzins wird die rote Linie überschritten
Während sie niedrige Zinsen einfach aussitzen, würden viele Sparer ihr Anlageverhalten bei Negativzinsen ändern. Ein Grund für manche Bank, es bei Gebührenerhöhungen zu belassen – zumindest vorerst.
Negativzinsen sind offenbar für viele Sparer ein Reizwort. Niedrige Zinsen hingegen sind zwar ein Ärgernis, bewegen die Sparer aber noch nicht dazu, sich nach Alternativen umzuschauen. Erst wenn der nominale Zins negativ wird, flüchten sich viele Verbraucher in eine andere Geldanlage. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) der Universität Mannheim im Auftrag der ING-DiBa. 3600 Kunden der Direktbank wurden dafür befragt. 44 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass ihr Sparverhalten schon jetzt durch die Niedrigzinsen beeinflusst wird: Die große Mehrheit dieser Gruppe (81 Prozent) spart weniger, nur neun Prozent sparen mehr und zehn Prozent sparen schlichtweg gar nicht. Die Mehrheit von 56 Prozent aller Befragten allerdings ändert ihr Sparverhalten auch bei niedrigen Zinsen nicht.
Die Wirtschaftsforscher haben die möglichen Reaktionen von Sparern auf Zinssenkungen für mehrere Szenarien erfragt. Würde eine Bank den Zins um 0,5 Prozentpunkte von 1,4 Prozent auf 0,9 Prozent senken, würden 35 Prozent der Befragten dennoch an ihrer Geldanlage festhalten. Nur sieben Prozent wären in diesem Fall dazu bereit, eine Geldanlage mit einem höheren Risiko zu wählen. Sorgt aber eine Senkung des Zinses von 0,5 Prozent dafür, dass aus einem positiven Nominalzins ein negativer Nominalzins wird, etwa von 0,4 Prozent auf -0,1 Prozent, würden nur noch fünf Prozent der Sparer an ihrer Geldanlage festhalten. Dagegen wären 23 Prozent der Befragten dann dazu bereit, ein höheres Risiko einzugehen, und 39 Prozent würden zu einer anderen Anlage, etwa einem besser verzinsten Tagesgeldkonto, wechseln.
Positive Nominalzinsen sind kein Garant für eine positive Verzinsung
Die Studie macht deutlich, dass die Sparer nur wenig Anreiz zur Veränderung haben, solange vor dem Nominalzinssatz kein Minuszeichen steht. Wer sich so verhält, übersieht möglicherweise, dass auch ein positiver Nominalzins eine negative reale Verzinsung bedeuten kann. Ist die Inflation höher als der Nominalzins, ist der Realzins negativ. Aktuell liegt die Inflation in Deutschland bei 0,8 Prozent. Ein nominaler Zinssatz von 0,7 Prozent würde somit eine reale Rendite von -0,1 Prozent ergeben. Das Beispiel zeigt, dass gar kein nominaler Negativzinses nötig ist, um einen negativen Realzins zu erhalten. Umso erstaunlicher ist es, dass erst ein negativer Nominalzins die Sparer zum Handeln veranlasst.
Vertrauen in die Banken würde durch Strafzinsen zerstört
Dass nominale Negativzinsen von den meisten Verbrauchern auch als negativ angesehen werden, ist hingegen nicht überraschend. Bei der ING-DiBa sieht man das ähnlich. Martin Schmidberger, Leiter Produkt- und Zielgruppenmanagement bei der Direktbank, fasst die Ergebnisse der Studie so zusammen: „Es gibt eine Erdrutsch-Gefahr bei der Einführung von Negativzinsen.“ Deswegen würden viele Kreditinstitute vor der Einführung von Negativzinsen zurückschrecken und stattdessen an der Gebührenschraube drehen. Schmidberger fügt hinzu: „Die Quintessenz der Studie ist für mich: keine Negativzinsen einführen. Diese rote Linie ziehen die Verbraucher. Sonst würde viel Vertrauen zerstört.“
Negativzinsen bisher noch die Ausnahme
Immer mehr Sparer rechnen mit einer flächendeckenden Einführung von Negativzinsen. Rund 60 Prozent der vom ZEW Befragten halten die Einführung von Negativzinsen für Giro- oder Sparkonten auf breiter Front für möglich. Denn aufgrund der vorherrschenden Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank sehen sich viele Banken dazu gezwungen, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken, da die Erträge aus dem Kreditgeschäft geringer werden. Im Zuge dessen führen immer mehr Kreditinstitute Gebühren für Girokonten ein oder erhöhen diese. Einige wenige Geldhäuser sind noch einen Schritt weiter gegangen und haben die rote Linie bereits überschritten. Seit September wird beispielsweise bei der Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee auf alle privaten Tagesgeldeinlagen und Girokontoguthaben von mehr als 100.000 Euro ein „Verwahr-Entgelt“ von 0,4 Prozent fällig. Gleiches gilt für die Kunden der Volksbank Stendal. Bereits seit November 2014 erhebt die Skatbank für hohe Einlagen auf Tagesgeld- und Girokonten einen Strafzins von 0,25 Prozent. Bisher sind die meisten Banken diesem Beispiel nicht gefolgt – wohl auch, weil sie fürchten, dass ihnen ihre Kunden dann den Rücken kehren. Daher belassen es viele Kreditinstitute dabei, die Gebühren zu erhöhen.