07.12.2016 | 09:33 | skl
CHECK24-Rückblick aufs Finanzjahr 2016 (6/6) Bewegende Zeiten fürs Girokonto
An keinem anderen Produkt zeigt sich der Wandel des Bankensektors so deutlich wie am Girokonto. Viele Entwicklungen der letzten Monate spiegeln sich direkt in dem Basisprodukt wider und betreffen damit auch die meisten Verbraucher.
Wieder einmal neigt sich ein Jahr dem Ende entgegen. Für Verbraucher war 2016 ein bewegendes Jahr mit einigen Überraschungen – gerade für Girokontoinhaber. Viele Entwicklungen, welche die vergangenen Monate mit sich brachten, waren 2015 noch gar nicht abzusehen – einige andere dagegen schon. So etwa die Umstellung auf IBAN (International Bank Account Number) bei Überweisungen. Seit dem 1. Februar dieses Jahres ist die Angabe der 22 stelligen IBAN bei Überweisungen und Lastschriftverfahren auch für private Personen verpflichtend. Diese soll den Zahlungsverkehr im SEPA-Raum (Single Europe Payments Area) vereinheitlichen. Für die meisten Verbraucher bedeutet das seither allerdings, dass sie bei jeder Transaktion aufs Neue nachschauen müssen, wie ihre IBAN lautet. Doch das ist nicht das Einzige, an das sich die Inhaber von Girokonten in diesem Jahr gewöhnen mussten.
Ein Girokonto für jedermann
Zunächst einmal eine gute Nachricht für all diejenigen, für die es bislang nicht möglich war, ein Girokonto zu eröffnen. Am 25. Februar verabschiedete der Bundestag das Zahlungskontengesetz, das Verbrauchern ungeachtet derer Kreditwürdigkeit ermöglichen soll, ein Girokonto zu eröffnen. Damit soll vor allem Personen ohne festen Wohnsitz, Verschuldeten, Asylsuchenden und Hartz-IV-Empfängern die Teilnahme am Wirtschaftsleben erleichtert werden. Seit dem 1. Juni ist das Gesetz in Kraft. Damit folgt die Bundesregierung einer EU-Richtlinie über den Wechsel und den Zugang von Zahlungskonten. Mit dieser Verordnung werden Banken quasi gesetzlich dazu verpflichtet, jedem Interessenten ein Girokonto zu ermöglichen. Allerdings schreibt das Gesetz den Banken nicht vor, dafür keine Gebühren zu verlangen. Während viele Direktbanken dieses sogenannte Basiskonto kostenlos zur Verfügung stellen, erheben einige Filialbanken mitunter hohe Kontoführungsgebühren und Entgelte für Überweisungen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen sieht bei vielen Banken noch Nachbesserungsbedarf und mahnt an, dass die Preisgestaltungspraxis oft nicht mit den gesetzlichen Regelungen zum Basiskonto vereinbar ist.Konto wechsle dich
Ein Aspekt des neuen Zahlungskontengesetzes ist auch, dass es die Banken zur Kontowechselhilfe verpflichtet. Seit dem 18. September müssen sowohl das bisherige als auch das neue Kreditinstitut eines Wechselwilligen zusammenarbeiten, um ihm den Kontoumzug reibungslos zu ermöglichen. Dazu muss die alte der neuen Bank alle Informationen bezüglich Daueraufträgen und Lastschriften des Kunden mitteilen. Das neue Kreditinstitut muss diese dann binnen fünf Werktagen einrichten und alle Zahlungspartner des Kunden über das neue Konto informieren. Insgesamt schreibt das Gesetz vor, dass der Umzug nur zwölf Tage dauern darf. Für diese Unterstützung dürfen die Geldhäuser ihre Kunden auch zur Kasse bitten.Das Jahr der Kontogebühren
Einen Grund, das Konto zu wechseln, dürfte es dieses Jahr für viele Kontoinhaber gegeben haben. Denn aufgrund einer anhaltenden Niedrigzinsphase brechen den Banken die Erträge aus dem Kreditgeschäft weg – Grund genug, um an anderer Stelle an der Gebührenschraube zu drehen. Und so durften sich Verbraucher 2016 zwar über niedrige Kreditzinsen freuen, mussten zugleich aber zusehen, wie das Girokonto bei vielen Banken teurer wurde. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) hat ausgerechnet, dass ein Girokonto die Banken im Jahr rund 120 Euro kostet. Die Einnahmen aus Zahlungsverkehr und Geldverleih blieben dahinter zurück. Mit bis zu minus 30 Euro pro Jahr und pro Kunde wird das Girokonto so zum Verlustgeschäft. Die Unternehmensberatung berechnete ebenfalls, dass durch konsequentere Preise für Bankleistungen, etwa Gebühren für Girokonten, die Banken zwischen dreieinhalb und fünf Milliarden Euro einnehmen könnten. So kündigte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) Georg Fahrenschon bereits im Frühjahr auf der Bilanzpressekonferenz der Sparkassen an, dass die Zeit der kostenlosen Girokonten vorbei sei.Aus diesem Grund führten in diesem Jahr mehrere Banken Gebühren für Girokonten ein, die zuvor noch gebührenfrei waren, oder hoben bereits bestehende Gebühren an. So hat die Postbank im November ein neues Konten- und Preismodell eingeführt. Zuvor war für Postbank-Kunden das „Giro Plus“ bei einem monatlichen Gehaltseingang von mindestens 1.000 Euro kostenlos. Jetzt veranschlagt die Bank eine Gebühr von 3,90 Euro monatlich, unabhängig vom Geldeingang. Zusätzlich führte die Postbank das Online-Konto „Giro direkt“ ein, für das Nutzer eine monatliche Gebühr in Höhe von 1,90 entrichten müssen. Kostenlos bleiben nur das „Giro Start direkt“ für Kunden unter 22 Jahren und das „Giro extra plus“ ab einem Geldeingang von 3.000 Euro monatlich. Auch die Hamburger Sparkasse hob die Gebühren für das „Girokonto Klassisch“ an. Dafür fällt nun eine monatliche Gebühr von 3,95 Euro statt 2,95 Euro an. Kontoinhaber kommen somit im Jahr auf Kosten von 47,40 Euro. Bereits im Juli hat auch die HypoVereinsbank das kostenlose Girokonto abgeschafft. Ein kostenloses Konto erhalten dort nur noch Schüler, Azubis und Studenten unter 26 Jahren. Für alle anderen Kunden fällt mindestens eine monatliche Gebühr von 2,90 Euro an. Die Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee geht noch einen Schritt weiter. Hier verlangt das Kreditinstitut von seinen Kunden mit Giro- oder Tagesgeldkonto zusätzlich zur Kontoführungsgebühr von mindestens 3,50 Euro monatlich sogar einen Strafzins von 0,4 Prozent für Guthaben von mehr als 100.000 Euro. Kostenlose Girokonten werden weniger, verschwinden aber nicht ganz. Vor allem bei Direktbanken sind diese Konten noch erhältlich.